Ulf G. Stuberger „Ich war ein weißer Farmer in Afrika“, 256 Seiten, 19,95 €, Herbig, ISBN: 978-3776625752;

Dieses Buch ist dreist. Da lässt sich ein angeblich von der RAF verfolgter deutscher Journalist, Eselexperte und überaus begeistert von sich selbst, als Bauer in Namibia nieder, scheitert im Unfrieden mit seinem Verpächter, kehrt zurück und tritt noch einmal voll nach: Die deutschstämmigen Namibianer sind Sklaventreiber, Rassisten und sonstige Ausbeuter. Schöne Scheiße, fällt mir dazu nur ein.

Zugegeben, ich habe keine fünf Jahre in Namibia gelebt, sondern nur ein paar Wochen. Zugegeben, ich habe dort Freunde – deutschstämmig und weiß – zum Beispiel bei der Allgemeinen Zeitung. Also möglicherweise oder ganz bestimmt kenne ich mich in dem Land nicht so aus wie Ulf Stuberger, aber ich bin mir trotzdem sicher, das passt so nicht.

Dass Stuberger Übles widerfahren ist mit Farmer Hansen (so das Pseudonym seines Verpächters), mag schon so gewesen sein. Wobei er sich mit seinen Ehe-Beschreibungen der Hansens lächerlich macht: Frustrierte, gelangweilte, weiße Frauen sind auch in Deutschland keine Seltenheit. Dass es ewig Gestrige in der einstigen Kolonie Deutsch-Südwest gibt, wer würde das ernsthaft bezweifeln wollen?

Nein, es ist die Pauschalierung, die mich ärgert. Diese (unjournalistische) Schlussfolgerung: Wenn einer so ist, werden alle anderen auch so sein. Und Stubergers verkappter Rassismus: Afrikaans, von ihm als „Bimbo-Holländisch“  geschmäht, ist nun mal die Umgangssprache des bis 1989 von Südafrika annektiertem Staats.

Stuberger steht auf die einstige Revolutionspartei Swapo und auf Ex-Staatschef Sam Nujoma – jenen Menschenfreund, der eine Hauptstraße Windhoeks nach seinem Spezi Robert Mugabe benannte, seinen Clan (und sein Volk) an Schlüsselstellen gesetzt und sich vor nordkoreanischen Arbeitern einen viele Millionen Dollar teures Denkmal bauen ließ.

Die Rehoboth Baster, eine Gruppe Mischlinge, diskreditiert er auf rassistische Weise, die Damara wurden ihrer Geschichte beraubt (tatsächlich geschah das vor der Kolonialisierung), und die deutsche Minderheit presst ihre schwarzen Lohnsklaven materiell aus, hält sie dumm und lässt sie ihre Toten hinter der Müllkippe begraben. Wie schön, wenn man seine Vorurteile zwischen zwei Buchdeckel klemmen kann.

Natürlich ist Namibia ein Land mit großen Schwierigkeiten. Es hat Jahrzehnte  Apartheid hinter sich. Auch heute noch gibt es trotz einer vorbildlichen Verfassung Rassismus –  aber auf beiden Seiten: Wenn die Swapo alle Weißen aus Führungspositionen entfernt, ist das auch kein Stärkebeweis.

Aber es gibt auch immense Anstrengungen, der Gesamtbevölkerung Bildung zukommen zu lassen, es gibt – im Unterschied zu Stubergers Darstellung – äußerst arbeitnehmerfreundliche Arbeitsschutzgesetze, starke, Streik bereite Gewerkschaften und vor allem (auch das glaubt Stuberger nicht) freie, kritische Medien, etwa die englischsprachige Zeitung „The Namibian“.

Genug nun, „Ich war ein weißer Farmer …“ ist zu Recht kaum beachtet worden. Bleibt zu hoffen, dass es auch keine Neuauflage erlebt.

Bewertung: *

P.S.: Am 18. August 2012, also drei Jahre nach Veröffentlichung dieses Posts, hat sich Buchautor Stuberger per Mail gemeldet und mehrere Formulierungen dieses Posts (siehe sein eigener Kommentar) als „Schmähkritik“  bewertet. Darob droht er mit strafrechtlichen Konsequenzen. Da die ganze Sache dies nicht wert ist, habe ich zwei Forumlierungen geändert.

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Gescheitert als Farmer und als Autor

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