Während in Deutschland noch intensiv über den Bau von Moscheen und den EU-Beitritt der Türkei gestritten wird, ist der Islam in Europa in Wirklichkeit längst einen Schritt weiter – als Teil der Gesellschaft. Allein in Deutschland sollen zwischen drei und vier Millionen Muslimen leben, ein Anlass über deren Bedürfnisse und Hoffnungen zu diskutieren.
Moderne, hoch gebildete Türkinnen sind vor allem eins: konsequent. Das gilt auch für die in Paris aufgewachsene Soziologin Nilüfer Göle. Der Schlüssel für ihre Auseinandersetzung mit dem Islam und der europäischen Gesellschaft sind die Terroranschläge vom 11. September 2001.
Für Göle verkörpert die westliche Gesellschaft die Moderne und der Islam hat die Aufgabe zu lernen. Das ist nun allerdings nicht revolutionär, sondern im Westen fast schon populär. Aber darf man frau es sich so einfach machen?
Und doch hat auch Göle Vorstellungen einer „islamischen Moderne“. Die sei weiblich, sagt sie, nicht zuletzt hat sie das Kopftuchverbot im Untertitel. Und wie so viele intellektuelle Türkinnen hält sie das Kopftuch für den Versuch (der Männer), die Frauen versteckt zu halten.
Dabei setzt sie islamistische Terroristinnen und Kopftuchfrauen gleich. Atatürk und dessen Laizismus hält sie für modern und feministisch – ohne dies zu begründen. Integration und Assimilation (die Ministerpräsident Erdogan im April 2008 in Köln anprangerte) lässt Göle links liegen und spricht hingegen davon, dass der öffentliche Raum geteilt werden solle.
Die Grenzen dessen zeigten sich während des jüngsten Gaza-Konflikts bei antiisraelischen Demonstrationen in Mailand, als ausgerechnet auf dem Domplatz ein muslimisches Gebet stattfand. Irritiert reagierten darauf nicht nur prakizierende Christen, sondern auch eine laizistisch geprägte Mehrheit.
Ein schwieriges Buch und eines, das die wichtige Diskussion darüber, ob die Türkei zu Europa gehört, nicht weiterbringt, weil Thesen oft nur in den Raum gestellt anstatt belegt zu werden.
Bewertung: ***
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