Jonathan Littell „Das Trockene und das Feuchte“, 160 Seiten, 16,90 €, Berlin, ISBN: 978-3827008251;

Jonathan Littell, hierzulande mit seinem kruden, monströsen 1400-Seiten-Wälzer „Die Wohlgesinnten“ wohl eher berüchtigt denn geschätzt, hat eine Mission: Die Erforschung des faschistischen Menschen. Statt dem fiktiven SS-Offizier Max Aue wie in „Die Wohlgesinnten“ hat er sich in dem Ergänzungsheftchen einem wirklichen Nazi gewidmet: Leon Degrelle.

Der belgische Offizier, Anführer der SS-Legion „Wallonie“ und von Hitler persönlich für seine „Heldentaten“ an der Ostfront ausgezeichnet, war ein 200-prozentiger Nazi und das bis zu seinem Tod 1994. Vier Jahre nach Kriegsende hatte er „La Campagne en Russe“ veröffentlicht, eine in der Faschisten-Szene hinlänglich bekannte Autobiografie. Auf die stützt sich Littell.

Sein Versuch, den faschistischen Mann über dessen Herkunft und Kindheit zu erklären, erscheint mir absurd. Als ob sich menschliches Verhalten so einfach erklären ließe. Wie groß ist die Bandbreite überzeugter Nazis.

Von Schreibtischtätern wie Eichmann bis zu jenem Frontoffizier Moll, der noch kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner, jüdische Todesmarsch-Teilnehmer metzeln ließ. Ja,  Littells Ansatz rückt ihn in die Nähe seines „Forschungsgegenstands“, man denke an die Eugenik-Thesen des Faschismus.

Dass „Der Faschist“ ein problematisches Verhältnis zur Mutter hat, dass er sich einen undurchdringlichen Panzer gebildet hat und sich als „soldatischer Mann auf das Harte konzentriert und alles weiche (weibliche) ablehnt, das mag man glauben – oder nicht. es hat jedenfalls eine gewisse Logik. Aber: Was soll’s?

„Männerphantasien“, mit dieser Studie über den „soldatischen Mann“  wurde der Literaturforscher Klaus Theweleit vor 30 Jahren zur Ikone der 68er-Generation. Er hatte ausführlich Nazi-Biografien studiert und schrieb ein freundliches Nachwort für seinen Verehrer Littell.Wusste Theweleit was er tut?

Ach eine müßige Frage. In seiner Großherrlichkeit stößt das schon 2002 bei den Recheren zu den „Wohlgesinnten“ entstandene Büchlein sauer auf. Es ist „ein kurzer Einfall in faschistisches Gelände“, so der Untertitel, erobert hat es Littell nicht.

Bewertung: **

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Lauter Lesenswertes

Warum wird man(n) ein Faschist?

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