Der Westdeutsche Rundfunk kürte es schon zum besten Buch des Jahres 2008. In der tat ist dem New Yorker Stefan Merrill Block ein wunderbarer Erstlingsroman über die Liebe, das Leben und das Vergessen gelungen. Unerklärlich nur, weshalb sich der Verlag nicht an den wesentlich treffenderen Originaltitel gehalten hat: „The Story of Forgetting“.
Erst 26 Jahre alt war der vormalige Biologiestudent bei Veröffentlichung des Romans. Seine Karriere verlief rasant. Er schickte seinen Romanentwurf an eine Künstleragentur und hatte sofort einen Vertrag mit Random-House. Das Bertelsmann-Unternehmen ist immerhin der größte Buchverlag der Welt. Interessant, dass die deutschen Rechte vom Kölner Dumont-Verlag erworben wurden.
Die Vorschusslorbeeren waren jedenfalls berechtigt. „Oft wiederholt sich im Höchsten das Niedrigste“, lässt Block seine Hauptfigur, den 16-jährigen Seth an einer Stelle sagen. Als seine Mutter an einer (fiktiven) Alzheimer-Frühform erkrankt, die von dem 1826 geborenen britischen Adligen und Schürzenjäger Alban Mapplethorpe IV im Dorf Iddylwahl (und darüber hinaus) in die Welt getragen wird, versucht Seth darüber zu forschen. Und siehe da, der Graf ist nicht verschwiegen, sondern schlicht vergesslich. Und so geht es auch Seths Mutter, die ihren eigenen Sohn nicht mehr erkennt.
Abel wiederum, ein buckliger Alter und buchstäblich meilenweit von Seth entfernt, erlebt die Krankheit an seinem Bruder, dessen Frau er zeitlebens geliebt hatte. Längst lebt er zurückgezogen auf seiner Farm in Texas, wo er auf seine verschwundene Tochter wartet, während rund um ihn sein Leben allmählich vergeht.
Gemeinsam ist Seth und Abel der Traum von Isidora, jenem mythischen Paradies, dessen Bewohner glücklich sind, weil sie sich an nichts erinnern.
Ein wunderbar weises Buch.
Bewertung: *****
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