Alles hat seine Zeit, auch die Liebe. Und für diese Liebe war’s zu spät: Die Liason zwischen der Schweizer Reisejournalistin Annemarie Schwarzenbach und der amerikanischen Schriftstellerin Carson McCullers endete unerfüllt und tragisch. Alexandra Lavizzari, Schweizer Journalistin und Autorin, hat diese Beziehung auf berührende Weise dokumentiert.
Juni 1940, New York, Carson McCullers lernt in einem Hotel die neun Jahre ältere Annemarie Schwarzenbach kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. „Sie hatte ein Gesicht“, erinnert sich Carson später, „von dem ich wusste, dass es mich bis ans Ende meiner Tage nicht mehr loslassen würde.“
Annemarie Schwarzenbach, seit Jahrzehnten rastlos in der Welt herumreisend, von Drogen- und Alkoholmissbrauch gesundheitlich angeschlagen und – vor allem – von der unerwiderten Liebe zu Erika Mann zermürbt, bringt die Kraft für eine amour fou nicht mehr auf. Was sich gefühlsmäßig zwischen den beiden Frauen abspielt, pendelt zwischen Hoffnungen und verpassten Chancen, zwischen Faszination und Rückzug.
Die Beziehung zwischen der 23-jährigen Carson und der 32-jährigen Annemarie, die zwei Jahre später mit dem tragischen Unfalltod (ausgerechnet beim Fahrradfahren!) der Schweizerin ein jähes Ende nimmt, findet gerade in der Unerfülltheit ihren Reiz.
Schwarzenbach wirkte anziehend durch ihre androgyne Physiognomie, ihr klassisches Profil. Morphium- und Alkoholexzesse führten sie mit exzentrischen Menschen wie Erika und Klaus Mann zusammen. Erika Mann wurde ihr Schicksal.
Sie erwiderte das Begehren der „Schweizer Fabrikantentochter“ nicht, was Schwarzenbach nie verwand. Lavizzari nennt Erika Mann den „Störfaktor“. „Ich weiß von keiner Freundin, die ich mehr geliebt habe“, schrieb Carson 15 Jahre nach dem Tod der Geliebten.
Alexandra Lavizzari erzählt nicht nur eine ob ihrer Tragik mitreißende Liebesgeschichte, sie führt uns auch in eine in ihrer Freiheitlichkeit und Selbstverwirklichung moderne Zwischenkriegszeit.
Bewertung: ****