Ja, ich habe noch eins! Ein Exemplar dieses Buchs, in dem das (autorisierte) Interview mit taz-Chefredakteurin Bascha Mika enthalten ist, dass sie im Oktober dann auf gerichtlichem Wege per Einstweiliger Verfügung streichen ließ und somit den Verlag zwang, die Auflage zurückzuziehen. Die feine Art ist das nicht – vor allem nicht wenn Journalisten auf diese Weise Journalisten blockieren.
Die Behauptung „Vierte Gewalt“ zu sein, sehen (wir) Journalisten zwiespältig: Beinhaltet dies doch nicht nur Schmeichelei und Wertschätzung, sondern auch eine diskussionswürdige Überhöhung und eine Verantwortung, der viele Journalisten nicht gewachsen sind.
Die 26, die Friederike Schröter und Claus Gerlach für dieses Buch interviewt haben, sicherlich schon: Die meisten von ihnen gehören zur Garde der Alpha-Journalisten. Wie auch Bascha Mika, die mit ihrer Zeitung noch vor ein paar Jahren eine große (und berechtigte) Kampagne gegen den Autorisierungswahn bei Politiker-Interviews kämpfte und diese nun selbst übertroffen hat.
Dabei ist das Gespräch mit ihr eher harmlos. Natürlich geht es um Mikas Feindschaft zur Ikone der Frauenbewegung Alice Schwarzer, erneut unterstellt sie der „Emma“-Chefin der Frauenbewegung mehr geschadet als genutzt zu haben und unterstellt ihr zur Homosexualität aufzurufen. Fragen nach ihrer eigenen Sexualität beantwortet sie nicht. Gut. Wo ist das Problem? Warum dürfen wir das nicht lesen?
Die beiden Interviewer haben sich einige der besten Deutschlands „vorgeknöpft“ (wie’s im Klappentext heißt). Sie fragen beharrlich nach, ohne ihren Gesprächspartner über den Tisch zu wollen (das würde ja auch nicht funktionieren, siehe Bascha Mika). Sie machen aus Kollegen, deren Namen man oft liest oder die man im Fernsehen sieht, Menschen und kommen ihnen so nahe, wie das eben mit guter Vorbereitung möglich ist.
Helmut Markwort, den Focus-Chef, haben sie befragt, Hans Leyendecker, SZ-Autor und Aufklärer Nummer 1, ZDF-Anchorman Claus Kleber, Fußball-Experte Gerhard Dellner, Talkerin Maybrit Illner und sogar Eva Herman. Über Journalismus im Sozialismus spricht der 78-jährige Günter Schabowski, ehemaliges DDR-Politbüromitglied und berühmt, seit er am 9. Novermber 1989 (versehentlich) verkündete, dass die Mauer offen sei.
Nicht alle Interviews sind buchtauglich, etwas das mit der Deutschlandfunk-Moderatorin Marie Sagenschneider, das sich selbstverliebt viel zu lang um eine Radiosendung dreht, die kein Leser kennt. Außerdem haben die Interviewer einen Laienfehler gemacht, indem sie lauter Fragen stellen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden.
Ein Lesebuch für Biografiefans und für jene, die mehr wissen wollen.
Bewertung: ****
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