Saliha Scheinhardt „Schmerzensklänge“, 199 Seiten, 17,90 €, Brandes & Apsel, ISBN: 978-3860997413;

Folter ist zwar gesetzlich verboten, aber immer noch Realität in der Türkei – bei Polizei und Armee, vor allem in den Kurdengebieten im Südosten. Und noch immer wird nur ein Bruchteil der Misshandlungen juristisch gesühnt. Saliha Scheinhardt führt uns zurück in die 90er Jahre und erzählt die unglaubliche Geschichte einer 16-jährigen Schülerin.

Die im 1950 im mittelanatolischen Konya geborene Autorin lebt seit 41 Jahren in Deutschland. Sie arbeitete  in einer Textilfabrik und als Kellnerin. 1971 studierte sie Lehramt und wurde Hauptschullehrerin, später dann wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule Neuss. In Offenbach wurde sie die erste ausländische Stadtschreiberin in Deutschland. 1993 bekam sie den Alfred-Müller-Felsenburg-Preis für „aufrechte Literatur“ verliehen.

Bis heute verfolgt die Schriftstellerin die Entwicklung in der Türkei ganz genau. In ihrem aktuellen Roman nimmt sie die Perspektive der sechzehnjährigen Arda ein. Als Teil einer Gruppe Schüler, die Mitte der 90er Jahre für die demokratische Entwicklung ihrer kurdischen Heimat demonstrieren, wird sie verhaftet. Der Staat erklärt das junge Mädchen zur Terroristin.

„Jeder Teil meines geschundenen Körpers hatte seinen eigenen Schmerzensklang, wie die Noten eines Klageliedes fügten sich diese Klänge zu einer großen Komposition zusammen, zu einem Urschrei des Lebens. Ein gebrochenes Kind lag da und hatte das Leben aufgegeben, das die Erwachsenen schrecklich zugerichtet hatten, ohne dass es igrendeine Schuld für irgendetwas trug.“

Als angebliche Bedrohung für den Staat verhaftet man sie, foltert sie und verurteilt sie zu sechs Jahren  Haft verurteilt. Kein Einzelfall in der Türkei von damals. In- und ausländischer Druck bewirkte nach drei Jahren ihre Freilassung. Und auch ihre Folterer – das hatte es bis dahin noch nicht gegeben – wurden vor Gericht gestellt. Ardas Qualen indes sind bis heute nicht gesühnt.

Scheinhardts Roman beruht auf einer wahren Geschichte. Sie versteht ihn als Mahnung an die heute noch brüchige Demokratie in der Türkei, an das ungelöste Thema der Anerkennung der Kurden und als Würdigung jugendlicher Folteropfer weltweit.

Bewertung: ****

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Lauter Lesenswertes

Und die Folterer kommen doch davon

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