Halil Gülbeyaz (Hrg.) „Türkei wohin?“, 200 Seiten, 19,80 €, Parthas, ISBN: 978-3866012967;
Noch so ein Buch über die zerrissene Gesellschaft Türkei, das Land am Scheideweg – garantiert das letzte hier vorgestellte. Der in der Türkei geborene deutsche Filmemacher Halil Gülbeyaz hat Interviews geführt, mit kritischen Leuten, die’s wissen müssen: Türken und Deutsch-Türken.
Der spannendste Gesprächspartner von Gülbeyaz war zweifellos Hrant Dink. Der armenischstämmige Journalist, Gründer der zweisprachigen in Istanbul erscheinenden Wochenzeitschrift Agos wurde im Januar 2007 vor seiner Redaktion von einem Fanatiker erschossen, angeblich hatten Regierungskreise ihre Finger im Spiel.
Dinks Tod wurde weltweit beachtet. Er löste Demonstrationen und eine neuerliche Demonstration über Meinungsfreiheit und die Anerkennung von Minderheiten aus. Dink selbst hatte immer auf Versöhnung gesetzt. Gülbeyaz sprach drei Mal mit ihm: in Istanbul über Probleme der Armenier und im ostanatolischen Kars nahe der (geschlossenen) armenischen Grenze und in den 40 Kilometer entfernten Ruinen der Jahrtausende alten Stadt Ani.
Der EU-Beitritt war eine der Hoffnungen Dinks, und nicht nur von ihm. Auch andere Intellektuelle, wie die Menschenrechtlerin Eren Keskin hielten sie für ganz wichtig oder der Schriftsteller Ahmet Altan. Der deutsch-türkische Filmemacher Fatih Akin hat dazu indes ein weit distanzierteres Verhältnis – mag sein, das es daran liegt, dass er meist in Deutschland lebt.
Wer tiefer einsteigen will in die Türkei, wer wissen will, wie türkische Intellektuelle über ihre Heimat denken, für den ist dieses Buch sicher ein Gewinn.
Bewertung: ****
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