Die ist ein Buch für die, die’s ganz genau wissen wollen. Die Türkei-Europa oder auch Türkei-Deutschland-Frage aus Sicht zweier Wissenschaftler. Kramer ist Mitarbeiter des konservativen Berliner „Thinktanks“ Siftung für Wissenschaft und Politik, Reinkowski Islam-Professor in Freiburg. Sie schreiben allerdings überaus verständlich.
Beide beleuchten sehr detailliert die jahrhundertealten Beziehungen zwischen Christentum und Islam, Orientz und Okzident mit der Schnittstelle Türkei. Ihre Schlussfolgerung: Es gibt keinen Grund für und keinen gegen einen Beitritt der Türkei zur EU. Die bestehenden Probleme seien „durchaus (zu) überwinden“.
Ganz im Gegenteil: Der gerade in der konservativen Politik (CSU, CDU) vorherrschende Argwohn beruhe auf einem, wie es die Wissenschaftler formulieren, „ausgeprägten Eurozentrismus“, eine Art „Erbfeindsyndrom“.
Kramer und Reinkowski leugnen nicht die Fremdheit islamisch-anatolischer Traditionen, aber sie sehen diese nicht als „gottgegeben“ an. Mit einer „sensibel betriebenen Integrationspolitik auf beiden Seiten“ könnten diese Unterschiede überwunden werden.
Die Frage über den EU-Beitritt sehen die Autoren als politisch-emotional an, denn die Türkei sei „das bei weitem am besten gerüstete Land von allen Staaten der europäischen Peripherie, die noch nicht Mitglied der europäischen Union geworden sind“.
Das Erbfeindsyndrom gebe es aber genauso in der Türkei, erläutern die beiden Wissenschaftler anhand der aktuellen Diskussionen in der Türkei und der dort um sich greifenden Ablehnung des EU-Beitritts.
Im Kern des Buches, das sich an Wissenschaftler genauso richtet wie an historisch und politisch interessierte Menschen, steht eine detaillierte Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte Europas und der Türkei – anfangend im sechsten Jahrhundert.
Aus der Geschichte lernen, diesem Anspruch genügt das Buch perfekt.
Bewertung: ****
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