Die Türkei ist nicht nur geografisch an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien. Sie ist ein Land voller Gegensätze und mitunter für uns Westeuropäer undurchschaubar: Linke sind nationalistisch, und Islamisten sind die Kraft, die den Fortschritt tragen. Alles klar? Der Islamexperte Gerhard Schweizer hilft weiter.
Wer die Debatte über einen EU-Beitritt der Türkei verfolgt hat, der hat das Gefühl, hier wird über ein Land geredet, das sich irgendwo jenseits Saudi-Arabiens befindet. Dabei ist uns die Türkei in vielerlei Hinsicht näher als etwa Sizilien. Nichts unterscheidet die Istlikal, die Fußgängerzone in Istanbuls Viertel Beyoglu von der jeder anderen europäischen Metropole.
„Der Türke in unseren Köpfen“, so eines der Kapitel in Schweizers Buch ist ein anderer, als der der Wirklichkeit. Auch das Islam-Empfinden ist ein anderes. Wer nimmt bei uns schon wahr, dass die Zahl der Kopftuchträgerinnen in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist – trotz Kopftuchstreit und AKP-Regierung. Von der „gespaltenen Türkei“ spricht Schweizer.
Um die Türkei zu verstehen, muss man sich mit den osmanischen Wurzeln befassen, wissen, warum Staatsgründer Kemal Atatürk den Laizismus predigte und das Türkentum hochhielt. Auch zum zentralen Konflikt der Türkei, der Kurdenfrage, gibt Experte Schweizer plausible Antworten.
Bleibt die entscheidende Frage: Soll die Türkei in die EU? Schweizers Buch endet mit den Worten „vorsichtiger Optimismus“. Alles eine Frage der Zeit, also.
Ein sehr informatives, kompetentes Buch, ein Muss für Türkei-Interessierte.
Bewertung: ****
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