Izzet Celasin „Schwarzer Himmel, schwarzes Meer„, 336 Seiten, 19,95 €, Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462040357;

Vergangenheitsbewältigung à la Türkei. Knapp 30 Jahre, nachdem schon einmal ein Militärputsch die Demokratiebestrebungen weit in der Türkei zurückgeworfen hatte, beginnt nun die Aufarbeitung der damaligen Ereignisse. Izzet Celasin, ehemals politischer Häftling, hat seine Erinnerung an die bewegten Jahre in einen Roman gepackt.

Izzet Celasin hat sein Heimatland tatsächlich verlassen – im Unterschied zu vielen anderen politischen Flüchtlingen, die längst wieder an den Bosporus zurückgekehrt sind. Celasin, Jahrgang 1958, lebt heute in Oslo. Der linke Aktivist war von den Militärs inhaftiert worden.

1988 emigrierte er als politischer Flüchtling nach Norwegen, wo er seither als Dolmetscher arbeitet. „Schwarzer Himmel, schwarzes Meer“, seinen Erstling, schrieb er nicht auf Türkisch, sondern auf Norwegisch.

1977 war ein ereignisreiches Jahr – in der Türkei wie auch in Deutschland. Während die Terroristen von der RAF eine Blutspur durchs Land zogen, genannt „Deutscher Herbst“, und der Staat mit ungeahnter Härte dagegen ging, brach in Istanbul das Chaos aus.

Schüler und Studenten lehnten sich die Staatsmacht auf, Maoistische Linke bekämpften (Staats-)Faschisten im offenen Straßenkampf. Die 1.-Mai-Demonstration eskalierte zum offenen Straßenkampf. In dieser Situation startet Celasins Geschichte.

Ein 18-jähriger Schüler, der Ich-Erzähler Baris, ist dabei, als die Demonstranten auf dem Taksim-Platz im Stadtteil Beyoglu beschossen werden . Eine junge Frau bringt ihn in Sicherheit und führt ihn in  revolutionäre Studentenkreise ein. Der Jugendliche entscheidet sich. Er will gegen staatliche Willkür kämpfen. Er verlässt sein bürgerliches Leben, radikalisiert sich und verliert seine Freundin Zuhal wieder aus den Augen.

Der deutsche Leser mag sich wundern über die Parallelen zwischen Berlin und Istanbul. Hier wie dort eine Jugend im Aufbruch. Hier wie dort spielten Frauen eine entscheidende Rolle.

Ein authentischer Roman, keine große Literatur, aber mit vielen Einblicken in die Türkei im faschistisch-militaristischen Würgegriff.

Bewertung: ****

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Lauter Lesenswertes

Istanbul und Berlin im Gleichschritt

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