Matthew Eck „Das entfernte Ufer“, 190 Seiten, 18,90 €, Tropen bei Klett-Cotta, ISBN: 978-3608501018;
„Wir sind so tief gesunken. Ich empfinde schon gar nichts mehr.“ Zwei karge Sätze, die für ein beeindruckendes Buch stehen. Ist „Das entfernte Ufer“ ein Roman oder eine Dokumentation? Der Übergang ist fließend, jedenfalls zeigt Ecks Debüt die Unmenschlichkeit des (modernen) Kriegs. Furchtbar!
Das Horn von Afrika, also Somalia. Hier kämpft die US-Armee für das, was sie Demokratie nennt. Sechs Soldaten sollen, gut versteckt, der Luftwaffe helfen beim Bombardement einer kleinen, unbedeutenden Wüstenstadt. Zwei Jugendliche stöbern sie auf, werden von ihnen mehr oder weniger versehentlich erschossen.
Die kleine Einheit will flüchten, gerät in fremdes Feuer. Die Evakuierung per Hubschrauber schlägt fehl. Drei Soldaten, darunter der Ich-Erzähler Stantz, gelingt die Flucht. Die Menschen in dem vom Krieg gepeinigten Land sind ebenso paralysiert wie die Eindringlinge.
Die Soldaten schlagen sich durch, es gibt weitere Opfer. Sie leben von schmutzigem Wasser und Reis, erreichen nach Wochen die eigenen Truppen – gerettet. Aber gibt es eine Rettung in diesem so sinnlos anmutendem Krieg?
Matthew Eck, geboren 1974, ehemals Soldat, erzählt die Elendsgeschichte von Stantz völlig lakonisch, reduziert auf eigene, maschinenhafte Gefühle. Mehr gibt es nicht, kaum Skrupel, nur den Willen zu überleben und Selbstverachtung. Die Soldaten erleben den Verlust jeder Würde. Die pure Unmenschlichkeit.
Ein grandioses wie furchtbares Buch. Zynisch wie emotionslos Stantz nach der Rettung von seinen Kameraden gefragt wird, wo seine Waffe ist. Und dass ihm der Verlust vom Sold abgezogen wird. Kein Wunder, dass überlebende US-Soldaten – ganz gleich ob sie sich im Irak oder einem anderen Kampfgebiet der US-Armee befinden – in Zynismus flüchten.
Bewertung: ****
Short URL for this post: http://bit.ly/9BOgvc