Es gibt doch immer noch Bücher, die nicht geschrieben wurden, aber unbedingt geschrieben werden müssen. Zum Beispiel die Geschichte des weiblichsten aller Vergnügen, des Kaffeeklatsches. 300 Jahre Geschichte der „Stunde der Frauen“ hat Katja Mutschenknaus erforscht und amüsant erzählt.
Eins ist klar: Der Kaffeeklatsch – passender wäre natürlich „die“ Kaffeklatsch – ist auch nicht mehr das, was er/sie mal war. Das Buch erzählt von einer Zeit, als die Frauen sich ihr schönstes Kleid anzogen, um mit Freundinnen oder Nachbarinnen Cremetörtchen und Napfkuchen zu essen. Männer pflegten sich über diese Süßkram-Festivitäten lustig zu machen, aber in Wirklichkeit waren und sind sie eh nur neidisch …
Was den Männern der Stammtisch, ist den Frauen der Kaffeeklatsch? Nein, eigentlich lässt sich das nicht vergleichen: Männer reden über Fußball und prallen über (angebliche) Sex-Erlebnisse. Frauen hingegen teilen die wichtigen Dinge, ihr Intimstes, die Wahrheit eben.
„Und wieder war der Montag gekommen, der Tag, auf den sich Lucie und Klara, Auguste und Frida immer ganz besonders freuten. Nicht allein der Lektüre wegen freuten sie sich, nein, sie hatten sich auch meist etwas Nettes zu sagen oder sich ein kleines Geheimnis anzuvertrauen.“ (Henriette Schmidt „In Backfischchens Kaffeekränzchen“, 1895).
Es geht um Kaffee und Kuchen, um Tee, um Höfisches und Bürgerliches, um Schlagsahne und feines Porzellan. Alles ist schön bebildert – unglaublich, wie viel die Autorin zusammengetragen hat. Katja Mutschenknaus, die Münchner Gourmetjournalistin, hat über dieses kulturgeschichtliche Thema in Stuttgart schon eine Ausstellung konzipiert.
Ein schönes Buch, eins mit vielen Überraschungen. Schade nur, dass jetzt auch die Männer unser größtes Geheimnis kennen: Dass wir beim Kaffeeklatsch die Übernahme der Weltherrschaft planen. Aber zumindest in Deutschland hat man(n) es schon gewusst, sonst wäre das Kaffeekränzchen ja wohl nie gesetzlich verboten worden.
Bewertung: ****
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