Er ist einer der berühmtesten Journalisten der Geschichte, übertroffen vielleicht nur von dem Amerikaner Joseph Pulitzer. Er prägte das Bild des „rasenden Reporters“ und schrieb Reportagen, die heute noch anmachen und kaum erreicht sind, voller Empathie und Authenzität: Egon Erwin Kisch. Zu seinem 60. Todestag wurden von Ilija Trojanow die besten Storys in einem Band zusammengefasst.
Von Reportersein-Sein träumen viele junge Leute, von einer Karriere bei Spiegel oder Stern, Zeit oder Süddeutscher Zeitung – wie Mitte Juni wieder jene mindestens 400 Studenten bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche in Hamburg bewiesen haben. Sie lauschten an den Lippen von Alexander Osang (Spiegel) und Henning Sußebach (Die Zeit) – den Kisch-Epigonen heutiger Tage.
Und doch war Kischs Kunst eine andere. Es gab kein Internet und kein Laptop, kein Fernsehen, kein Fax, kein Flugzeug. Kisch hatte nur sich selbst, seine fünf Sinne, Stift und Block.
Der 1885 geborene Prager, Sohn eines Tuchhändlers, volontierte beim „Tagblatt“, besuchte in Berlin die Journalistenschule, zog 1914 als Soldat in den Ersten Weltkrieg, um Kommunist zu werden und als Reporter die ganze Welt zu bereisen.
1933 ließ ihn Hitler verhaften, um ihn dann als Tschechen abzuschieben. Kisch ging ins Exil, entlarvte als einer der ersten die Nazis, und wanderte weiter über Spanien und die USA nach Mexiko. 1946 kehrte er nach Prag zurück. Zwei Jahre später starb Kisch. Ein wahrhaft turbulentes Leben als „Weltbürger“ – als der er sich selber bezeichnete.
Für Kisch stand die Wahrheit an oberster Stelle. Jedes Detail musste stimmen, nichts Wesentliches durfte übersehen werden. Auf diese Weise bezog Kisch auch immer Position – für die Schwachen, die Entrechteten. Das macht seine „Geschichten und Reportagen“ nicht nur zu einem Stück Zeitgeschichte, sie sind schlicht Literatur.
Bewertung: *****
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