Am Anfang stand der „Name der Rose“, diese düstere Mönchs-Gemälde des italienischen Philosophen Umberto Eco, und am Ende nun „Die Kathedrale des Meeres“ des katalonischen Rechtsanwalts Ildefonso Falcones, das seit vergangenem Jahr Europas Bestsellerlisten stürmte. Was um Himmels willen fasziniert uns so am Mittelalter, das wir uns durch 650 Seiten wühlen?
„Historischer Roman“, dieses Etikett ist auf dem Buchcover vermerkt. Und oft wird wird Falcones Erstling mit Großmeister Ken Folletts „Die Säulen der Erde“ verglichen. Ein Vergleich, der nur bedingt zutrifft. Auch wenn „Die Kathedrale des Meeres“ vom Bau einer Kirche erzählt, ganz so episch-schwatzhaft ist der Rechtsgelehrte aus Barcelona nicht.
Um die Hauptstadt Katalonien geht’s. Spanien im 14. Jahrhundert. Das Königreich gehört zu den mächtigsten und reichsten in Europa, die Landbevölkerung ist arm, unterdrückt und unfrei – außer eben in Barcelona. Die Bürger dort wollen ein Zeichen setzen. Arm und Reich zusammen planen die Errichtung einer Kathedrale, die den Himmel stürmen soll.
Der Roman erzählt vom Aufstieg des Bauernsohns Arnau Estanyol. Er fängt an als Lastenträger beim Bau der Kathedrale „Santa Maria des Bar“ und bricht unter dem Gewicht der riesigen Steine fast zusammen. Dass er es nicht tut, ist Ausdruck jenes starken Willens, der ihn bei diesem Projekt, mit dem er schicksalhaft verknüpft ist, reicht werden und als Seekonsul zu Ansehen gelangen lässt.
Es geht um grausame Lehnsherren, die bei ihren Leibeigenen das „Recht der ersten Nacht“ beanspruchen. Armut, Hunger, die Pest, Inquisition und Folter – Falcones lässt kein Elend aus. Fünf Jahre hat der 55-Jährige an dem Historienschinken gearbeitet, jeden Tag eine Stunde.
Auf historische Genauigkeit hat der Jurist großen Wert gelegt – und dabei die Spannung nicht vergessen. Manche Charaktere bleiben ein wenig holzschnittartig. Klischees werden alle möglichen bedient. Und doch: Es ist kein Wunder, dass „Die Kathedrale des Meeres“ auf so großes Interesse stößt.
Bewertung: ****
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