Nathan Englander „Das Ministerium für besondere Fälle“, 445 Seiten, 19,95 €, Luchterhand Literaturverlag, ISBN: 978-3630872599;
„Schmutziger Krieg“, in Südamerika ist das ein stehender Begriff. Ob in Chile oder Argentinien, Diktatoren ließen dort in dern 70er und 80er Jahren Tausende (unschuldiger) Menschen sterben. Auch der junge Jude Pato verschwindet irgendwann in Buenos Aires. Oder hat er vielleicht nie existiert?
Der griechische Filmemacher Constantin Costa-Gavras hat schon in den 80er Jahren die tragischen Schicksale der Terroropfer nachgezeichnet, Englander tut dies nun mit den Mitteln der Literatur – und des Humors.
„Das Ministerium für besondere Fälle“ ist eine Parabel auf den Widerstand des Bürgers gegen die Diktaturund über den Versuch, die Selbstachtung nicht aufzugeben, auch wenn man selbst nicht mehr (über sich) bestimmen kann. Und das ist auch noch großartig erzählt. Nicht umsonst wird der Autor auf eine Ebene mit Isaac B. Singer und Philip Roth gehoben.
Aber zur Geschichte: Kaddisch Poznan, jüdischer Argentinier, ist Sohn einer Hure und hat es nicht weit gebracht. Sohn Pato verachtet ihn. Als dieser aus nichtigen Gründen verhaftet wird und spurlos verschwindet, entwickeln Kaddisch und dessen Frau Lillian ungeahnten Biss, um ihren Sohn zurückzubekommen.
Ein Roman voller Abgründe, in dem es nicht mal vordergründig um Politik und Terror geht. Dafür entblättert der 1970 in New York geborene Autor eine ganz Welt, deren Inhalte sich aus der jüdischen Überlieferung schöpfen und ihr Geheimnis nur für den lüften, der dazu bereit ist. Ist „Das Ministerium für besondere Fälle“ eine Parabel auf Guantanamo?
Und noch eine Ebene hat dieser Roman, die zwischen Mann und Frau. Vater Kaddisch sucht die Wahrheit der Fakten und will akzeptieren, dass die Militärjunta sein Sohn mit Drogen vollpumpen und aus einem Flugzeug werfen ließ. Mutter Lillian indes weigert sich, den Tod ihres Sohnes zu akzeptieren, solange kein eindeutiger Beweis vorliegt. An diesem Konflikt zerbricht deren Ehe.
Ein gelungenes Romandebüt.
Bewertung: ****
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