Esmahan Aykol „Goodbye Istanbul“, 355 Seiten, 19,90 €, Diogenes, ISBN: 978-3257065695;

Wie ist das, so zerrissen zwischen den Welten? Als Türkin in (West-)Europa? Orient trifft Okzident. Die 37-jährige Juristin Aykol, die in Berlin und in Istanbul lebt, erzählt eine wunderbare Geschichte vom Umziehen, von der Liebe und vom Versuch zu vergessen.

Die Geschichte, die auf leichte Art erzählt wird (bisweilen leider sprachlich etwas banal), ist authentisch und vielseitig – ein Migranten-Schicksal. Ece, eine junge Frau aus Istanbul, geht nach London, um die unglückliche (erste) Liebe zum verheirateten Tamer zu vergessen. London ist ihr fremd, sie empfindet es als kalt – keinesfalls eine gelobte Stadt.

Sie macht einen Sprachkurs, wäscht Teller und lebt bei ihrer frustrierten Cousine – ohne Chance, aus dem Milieu herauszukommen. Wäre da nicht, ja wäre da nicht die Erbschaft, die ihr geliebter Großvater ihr hinterließ und von der außer ihr niemand etwas weiß. Ebenso wie von seinem Geheimnis.

Hinter all den Märchen, Legenden und Geschichten, die der Großvater seiner Enkelin erzählte, seit sie ein kleines Mädchen war, verbirgt sich ein – in der Türkei bis heute gefährliches – Geheimnis. Der Großvater war Armenier, seine Mutter überlebte mit Glück den ostanatolischen Genozid von 1915. Er beendete Jahrhunderte friedlichen Miteinanders, eine Koexistenz zwischen Muslimen und Christen – eines der tragischsten und furchtbarsten Kapitel der türkischen Geschichte.

Wir deutschen Ureinwohner empfinden die türkischen Einwanderer oft als Fremde, als Bedrohung , als Konkurrenz auf dem ArbeitWiarkt. Wir verkennen dabei, wieviel Mut es für diese Menschen bedeutet hat, ihre Heimat zu verlassen und woanders ganz neu anzufangen – noch dazu ganz unten in der neuen Gesellschaft. „Goodbye Istanbul“ schlägt eine Brücke.

Zwischen Ece und dem italienischen Einwanderer Emanuele beginnt eine Liebesgeschichte. Sie gibt der jungen Türkin neue Hoffnung in dieser fremden Stadt, die sie offenbar bis dahin nur als unterprivilegierte Arbeitskraft zu schätzen weiß. Eces Zuversicht gipfelt in der Erkenntnis der neuen Liebe, die die alte vergessen macht: „Es war ein Versprechen der Freiheit“.

Ein schönes Buch, das auf lockere Weise in die Themen von Imigranten eintauchen lässt.

Bewertung: ****

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Lauter Lesenswertes

Türkei Special 2: Der Mut der Immigranten

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