Gute Literatur wird nie alt. Und so dürfen wir den längst verstorbenen John O’Hara wieder kennenlernen. Nach „Begegnung in Samarra“ hat der Münchner Beck-Verlag nun auch dessen zweiten großen Roman veröffentlicht. Und wieder geht es um eine dekadente Gesellschaft – das New York der 1930er Jahre.
Es geht um eine junge Frau. O’Hara gibt ihr den klingenden Namen Gloria Wandrous, ein schillerndes, offenes Wesen, das durch die Affäre mit einem wohlhabenden, verheirateten Mann in die Abgründe der von der Wirtschaftsdepression noch völlig zerrütteten New Yorker Society gerät.
Die wahre Geschichte war die der Starr Faithful, deren Leiche im Juni 1931 in Long Island an Land geschwemmt wurde. Der Mordfall wurde nie aufgeklärt, das Interesse war wohl auch wegen des lockeren Lebenswandel der jungen Frau gering. O’Haras Stoff inspirierte Hollywood 1960 zu einer Verfilmung. Bezeichnenderweise spielt die junge Elisabeth Taylor jene Gloria da auch als Prostituierte.
Ein in seiner Zeit also sehr kontrovers diskutierter Roman, der auch heute noch sehr modern wirkt, aufgrund seiner fast filmisch Erzählweise mit Tempowechseln und Rückblenden. Die Sprache ist klar und die Abgründe der Gesellschaft dokumentiert er ohne Tabus.
Passender als mit dem Spruch, den sich der lebenssüchtige John O’Hara 1970 auf seinen Grabstein meißeln ließ, kann der Autor jedenfalls nicht beschrieben werden: „Besser als jeder andere erzählte er die Wahrheit über seine Zeit, die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Er war ein Profi. Er schrieb ehrlich und gut.“ Für manche Zeitgenossen zu ehrlich.
Bewertung: ****
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