Eva Leitolf, „Rostock Ritz“;

Klaus Hess, „Vom Schutzgebiet bis Namibia 2000“;

Gerhard Seyfried, „Herero“;

Andrea Paluch/Robert Habeck, „Der Schrei der Hyänen“;

Jürgen Leskien, „Dunkler Schatten Waterberg“;

Constance Kenna (Hrsg.), „Die ,DDR-Kinder‘ von Namibia – Heimkehrer in ein fremdes Land“;

Carmen Rohrbach, „Namibia“;

Diesmal mehr als nur eine Buchempfehlung und als Illustration kein Buchcover, sondern ein Foto von der Farm Wiese, 150 Kilometer südöstlich von Windhoek: Namibia ist eines der reizvollsten Reiseländer, und es hat eine faszinierende Geschichte – auch als ehemalige deutsche Kolonie. Seit einer Recherchereise pflege ich intensive Kontakte nach Namibia. An dieser Stelle möchte ich allen Interessierten gute Literatur über das Land empfehlen. Wer Reiseführer sucht, wende sich aber besser an seine Buchhandlung vor Ort.

Eva Leitolf, „Rostock Ritz“, 72 Seiten (Großformat), 65 €, Verlag Schaden.com (Buch dort übers Internet erhältlich oder unter leitolf@web.de), ISBN: 978-3932187452;

Namibia und Deutschland, das ist eine nicht eben unkomplizierte Beziehung. Als sich die Ureinwohner, die Herero und die Nama, gegen die Vertreibung durch die Kolonialmacht wehrten, wurden sie von den Deutschen mit Waffengewalt ermordet und vertrieben. Der Oberbefehlshaber der Schutztruppe, General von Trotha, ruft 1905 zum Völkermord auf.
100 Jahre später hat sich die Münchner Fotografin Eva Leitolf (www.evaleitolf.de) auf Spurensuche begeben. In den großformatigen Bildern, die auch im Münchner Völkerkundemuseum zu sehen waren, präsentiert sie eindrucksvolle Zeugnisse der Erinnerungskultur der Herero und des Selbstverständnis deutschstämmiger Namibier.

Leitolf zeigt Fotos abseits des Hochglanz-Namibias: Blasse (Wüsten-)Farben und skurrile Figuren: Im Karneval und auf der Jagd. Ein Roman-Auszug von Uwe Timm („Morenga“), das Reise-Tagebuch von Eva Leitolf und weitere Texte, runden dieses trotz des hohen Preises sehr empfehlenswerte Buch ab.

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Klaus Hess, „Vom Schutzgebiet bis Namibia 2000“, 536 Seiten, 25 €, Hess-Verlag, ISBN: 978-3933117236;

Klaus Hess ist so eine Art Chronist der Deutschen in Namibia. Der Verleger, der in Göttingen und Windhoek eine ganze Reihe von Namibia-Büchern herausbringt, veröffentlichte mit dem Wälzer „Vom Schutzgebiet bis Namibia“ ein Heimatbuch.

Über 50 Autoren, überwiegend Deutsch-Nambia, erzählen die Geschichte des Landes, das bis 1915 deutsche Kolonie war, danach zu Südafrika gehörte und 1990 nach erbittertem Befreiungskampf unabhängig wurde.

Natürlich fehlt diesem Buch im Gegensatz zu Leitolfs „Rostock Ritz“ kritische Distanz, trotzdem ist es umfassend und informativ bis in Detailthemen – etwa die Geschichte der Schmalspureisenbahn, die Verbindungen zur DDR, die Landreform und den Karneval.

Dieses Buch ist ein Muss für Namibia-Fans und solche, die es werden wollen.

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Gerhard Seyfried, „Herero“, 603 Seiten, 29,90 €, Eichborn-Verlag, ISBN: 978-3821808734 (auch als Aufbau-Taschenbuch, 9,95 €);

Eine detail- und kenntnisreich erzählte Geschichte der Niederschlagung des Herero-Aufstands 1905. Hauptfigur ist der Kartograf Carl Ettmann, der 1903 nach Namibia kommt, um in der deutschen Kolonie Berufserfahrungen zu sammeln.

Nach der Ankunft trifft er auf die abenteuerlustige Fotografin Cecilie. Als sie gemeinsam weiterreisen, bricht überraschend der Aufstand los. Ettmann wird zur kolonialen Schutztruppe eingezogen, Cecilie gerät auf die andere Seite, als sie einen Herero-Häuptling kennenlernt.

Der Berliner Schriftsteller verliert sich manchmal zu sehr in den Einzelheiten, trotzdem ist das Buch spannend, facettenreich und beleuchtet ein sehr trauriges Kapitel der kurzen deutschen Kolonialgeschichte. Lesenswert!

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Andrea Paluch/Robert Habeck, „Der Schrei der Hyänen“, 303 Seiten, 18,90 €, Piper-Verlag, ISBN: 978-3492046114 (Taschenbuch vergriffen);

Noch eine Geschichte über den Herero-Aufstand: 1899 wandert Arabella nach Namibia aus, um dort einen weißen Farmer zu heiraten. Das junge Paar gerät in die Kriegswirren, Arabella wird verschleppt, ihr Mann getötet. Später fängt Arabella noch mal von vorne an, heiratet und kehrt 1916 mit Ehemann und Tochter Nele nach Hamburg zurück.
Über 90 Jahre später: Nele von Kavea, Senatorin in Hamburg, steht am Ende ihres Lebens. Ihre Urenkelin verschlägt es nach Namibia. Unfreiwillig begibt sie sich auf eine hochspannende Spurensuche.

„Du bist die Frau, die ich hätte sein sollen“, sagt ihr Nele. Vier Frauen, vier Generationen, vier Leben. Ein wirklich gutes, spannendes Buch.

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Jürgen Leskien, „Dunkler Schatten Waterberg“, 353 Seiten, 5 €, Schwartzkopff-Buchwerke, ISBN: 978-3937738109;

Wer mit deutschstämmigen Namibiern spricht, der bekommt schnell das Gefühl, er habe es mit den „besseren“ Deutschen zu tun. Kein Wunder, dass umgekehrt Vorurteile blühen, die Namibia-Deutschen seien ewig Gestrige.

Jürgen Leskien, Schriftsteller, Theatermann und 1990 Abgeordneter der letzten DDR-Volkskammer, hat in seinem manchmal etwas seltsamen, sehr subjektiven Buch eigene Erfahrungen und Reisen verarbeitet.

Er war oft in Namibia und erzählt Geschichten aus der deutschen Minderheit. Auch für ihn ist der Herero-Feldzug 1904, dessen blutiger Höhepunkt die Schlacht am Waterberg war, immer wieder Ausgangspunkt der Erzählungen.

Dabei entsteht ein eindrucksvolles Bild des Lebens und Fühlens der gegenwärtigen deutschen Minderheit in Namibia, von deren Ängsten, Hoffnungen und Gefühlen. Der Blick von außen macht diese Dokumentation so eindrucksvoll.

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Constance Kenna (Hrsg.), „Die ,DDR-Kinder‘ von Namibia – Heimkehrer in ein fremdes Land“, 216 Seiten, 16,50 €, Hess-Verlag, ISBN: 978-3933117113;

Und nochmal die Gegenwart: Ich werde die Szene nie vergessen, als ich in der Redaktion der deutschsprachigen Allgemeinen Zeitung in Windhoek stehe und mich von hinten ein rabenschwarzer Mann in akzentfreiem Hochdeutsch anspricht: Es ist der Sportredakteur, ein ehemaliges „DDR-Kind“.

Es geht um eines der bis heute schwierigsten Kapitel der deutsch-nambischen Geschichte. Im Unabhängigkeitskrieg ab Ende der 70er Jahre schickt die kommunistische Befreiungsbewegung Swapo kleine Kinder, in der Regel Kriegswaisen, aus Flüchtlingslagern in Angola und Sambia, in die DDR.

Dort leben sie in Familien und in Heimen, lernen Deutsch als ihre Muttersprache, die deutsche Kultur. Außer Hautfarbe und Namen erinnert bei den 430 Jugendlichen, die im August 1990 kurz vor der Wiedervereinigung und kurz nach der Unabhängigkeit Namibias zurückgeschickt werden, nichts mehr an ihre Herkunft.

Was für ein Kulturschock: In der DDR waren sie die Afrikaner, in Namibia sind sie nun die Deutschen – zwar gut ausgebildet, aber mit einer kulturellen Indentität, die in der neuen alten Heimat eher ein Problem darstellt. Manche schaffen den Spagat, andere scheitern.
Die Amerikanerin Constance Kenna hat viele Lebenswege von DDR-Kindern nachgezeichnet. Ein spannendes Zeit-Dokument, dessen weitere Kapitel noch geschrieben werden müssen.

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Carmen Rohrbach, „Namibia“, 232 Seiten, 22 €, Verlag Frederking & Thaler, ISBN: 978-3894056452 (auch als National Geographic Taschenbuch, 11 €);

Fast ein Reiseführer: Carmen Rohrbach, Biologin und erfahrene Reportagen-Schreiberin, erzählt Geschichten aus Namibia. Wie schon bei ihrer Wanderung entlang der Isar von der Quelle bis zur Mündung, entdeckt sie viele Details, die den meisten Reisenden entgehen.

Eine perfekte Einstimmung für eine Namibiareise.

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Lauter Lesenswertes

Namibia Spezial: Alles außer Reiseführern

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