Gerald Traufetter, „Intuition – Die Weisheit der Gefühle“, 336 Seiten, 19,90 €, Rowohlt-Verlag, ISBN: 978-3498065225;
Ich sah unseren neu zugezogenen Nachbarn mit Mutter und Schwiegermutter im Garten sitzen. Sie sprachen miteinander, aber sie waren zu weit weg und ich verstand kein Wort. Aber ich fühlte, worüber der Mann mit seiner Schwiegermutter sprach. „Die trennen sich gerade“, sagte ich zu meinem Mann. Ein paar Wochen später erfuhr ich, dass ich recht hatte. Intuition? Intuition!
Ein paar Wochen später, Party bei einem anderen Nachbarn. Mein Mann sagte mir danach, Jürgen hat eine Geliebte. Und wieder dauerte es nur ein paar Tage, bis ich erfuhr, das das stimmte. Intution! Spiegel-Redakteur Gerald Traufetter hat sich nun wissenschaftlich mit der „Weisheit der Gefühle“ (Untertitel) befasst. Und er legt dem Laien anschaulich dar, dass Intuition so geheimnisvoll gar nicht ist.
90 Prozent unseres Handels sind vom Unterbewusstsein bestimmt, hat Freud schon vor bald 100 Jahren gewusst. Gemeinhin reden wir vom „Bauchgefühl“. Manche hören drauf, die meisten nicht. Alles eine Frage des Vertrauens, oder? Traufetters These: Jeder von uns kann lernen, mit Intuition umzugehen. Dazu müssen wir wissen, wann unser Bauch recht hat.
„Je komplexer eine Entscheidung, desto mehr sollte man seinem Unbewussten vertrauen“, sagt der holländische Psychologe Ap Dijksterhuis. In einem Experiment bat er Versuchspersonen das günstigste Auto aus verschiedenen Angeboten aussuchen. Spontan entschieden alle richtig. Wer dem nicht traut, der soll sich nach der Autoschau zwei Stunden ablenken, ins Kino gehen oder gut essen: „Das Unterbewusstsein arbeitet in der Zwischenzeit an der richtigen Lösung.“
So geheimnisvoll ist nämlich Inutition gar nicht. Sie ist, so Traufetter, das Ergebnis von Lernprozessen: „Sie bezieht ihre Weisheit aus Erfahrungen und Routinen, die sich im Laufe eines Lebens einstellen. Die Intuition kommuniziert mit dem Verstand durch die Sprache der Gefühle.“
Deshalb weiß Börsenguru George Soros, wann er sein Aktiendepot neuordnen muss. Liebe auf den ersten Blick lässt sich so erklären, und auch der Pachtvertrag, den Arthur Guinness 1759 für seine neu gegründete Brauerei abschloss: 45 Pfund monatlich auf 9000 Jahre. Damals viel Geld, und heute?
Bewertung: ****
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